Die Strecke von Klintholm bis nach Rostock-Warnemünde beträgt 56 Seemeilen. Für solche „Überfahrten“ hoffe ich immer auf Wind, wünschenswert zwischen 9 und 16 Knoten, Halbwind oder Raumschot. Dann ist Geschwindigkeit vorprogrammiert. Sonnig ist es, Wind aus N/NE passt auch. Vormittags 2 bis 3, später 4, ist ein Kompromiss. Logbucheintrag: Sonnig und guter Segeltag, vier Stunden unter Motor.

Die Mecklenburgische Küste hat es uns angetan. Vor allen Dingen die Städte Wismar, Kühlungsborn, Warnemünde sowie die Insel Poel mit Timmendorf und Kirchdorf, ebenso ein Kurztripp nach Boltenhagen. Die Wismaer Bucht läd auch gern zum Ankern ein.

Wenn wir keinen Platz im Alten Strom in Warnemünde bekommen, ist die beste Alternative die Marina Hohe Düne, gleich nebenan. Zwar groß und etwas unpersönlich, dafür aber narrensicher. Top Qualität und Service. Die Crew der Ocean Spirit macht erst einmal ein paar Tage Pause. Groß Reinemachen ist geplant, Waschtag, Einkauf und Stadtbummel. Bereits im letzten Jahr haben wir mehrmals Warnemünde besucht. Auch zur Hansesail Anfang August. Der Stadthafen von Rostock war gut gefüllt. So genießen wir auch heute das besondere Ambiente und das Meer, die maritime Volkskultur, die typische Backsteingotik, Kirchen, Kloster, Museen und natürlich die ein- und auslaufenden Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Frachter – Hafenkino in höchster Vollendung.

Warnemünde ist mittlerweile eine der beliebtesten und bedeutesten Kreuzfahrthäfen in der südlichen Ostsee. 180 Kreuzfahrtanläufe in 2015, Port-Partys, maritime Stimmung, Höhenfeuerwerk und vieles mehr. Die Promenade am alten Strom, Warnemünde selbst, der Strand, da kann der deutsche Steuerzahler zufrieden gen Osten blicken. Nur aufgepasst, manche westdeutsche Küstenstädte laufen der Entwicklung hinterher.

Die Waschmaschinen laufen auf Hochtouren. Das gesamte Schiff umspannt eine Wäscheleine. Die Wäscheklammern werden knapp. Wir haben die Aufmerksamkeit vieler Stegnachbarn. So langsam denke nicht nur ich wieder an die Arbeit. Das ist immer der Zeitpunkt, dass sich der Urlaub dem Ende zuneigt. Etwas wehmütig sind Skipper und Skipperfreu schon. Meine persönliche kleine Auszeit tut mir gut. Der Kopf ist wieder frei. Gedanken schwirren durch den Kopf, die Synapsen funken aktiv. Ist es Zeit für gravierende Veränderungen? Mit 54 Jahren spielen nicht nur die Hormone manchmal (vielleicht zu häufig) verrückt, sondern auch die mentale Ebene grübelt oftmals über dies und das, über den richtigen Weg, den korrekten Kurs. Es ist zum Verrückt werden. Stimmungsschwankungen. Gemütslage Achterbahn. Kreiselverkehr – welche Ausfahrt ist die vermeintlich richtige?

Logbucheintrag vom 11. August 2015: Heute nach Regen und Gewitter NW 3. Mehr als hoch am Wind nach Kühlungsborn. Das Ostseebad schlechthin ist Kühlungsborn. Schöne Erinnerungen an das letzte Jahr werden wieder wach. Und, übervoll. Päckchen ist angesagt. Hafentag auch. Morgens Regen, nachmittags heiter bis wolkig. Zum Abschluss des Urlaubs läd unser Sonnenschein Mama und Papa abends zum Umtrunk ein. Oberhalb des Hafens befinden sich nette Bars und Restaurants mit Livemusik. Junior hat es sich nicht nehmen lassen, einen auszugeben! Für Mama einen „Hugo“ und Papa trinkt ein Bitter Lemon. Und wen treffen wir? Brigitte und Uwe mit Ihrer segelyacht aus Berlin. Im Hafen Hohe Düne sind die beiden mit ihrer Hanse etwas zu sehr auf „Kuschelkurs“ gekommen. Das ist aber eine andere Geschichte. Eine unliebsame Begegnung kann zu einem etwas Partnerschaftlicheren werden. So verläuft der Abend sommerlich bei kubanischen Klängen, einer klommunikativen Runde und guten Gefühlen. Der Crew der Segelyacht wünschen wir alles Gute, ab und zu auf die Frau hören und vielleicht bis später einmal auf der Ostsee oder anderswo.

So, jetzt noch 35 Seemeilen, Sonne pur, W/SW 4 – 5 und mit Vollspeed bis nach Fehmarn. Das ist doch ein wirklich letzter super sonniger Segeltag. In vier Stunden wieder einmal quer über die Ostsee nach Burgtiefe auf Fehmarn. Alle vor uns gestarteten Yachten von Kühlungsborn aus nach Fehmarn sehen nur noch unsere Rücklichter. Da schlägt Skippers Herz höher. Dabei bin ich häufig ein „Trimmmuffel“. Fahrtensegeln nicht Regatta.

Auf die Ocean Spirit wartet bereits das Winterlager. Anfang September geht es aus dem Wasser. So nutzen wir verbleibende Tage bis zur Heimreise, um alles für die Kranung und das Abriggen vorzubereiten. Unter Deck wird nochmals aufgeräumt, um alles sauber und ordentlich zu hinterlassen.

1.100 Seemeilen war die Ocean Spirit in 2015 auf der Ostsee unterwegs. 776 Seemeilen haben wir während der Urlaubstage hinter uns gelassen. 96 Motorstunden für das gesamte Jahr stehen zu Buche. Geschichten, Erlebnisse, Eindrücke, Begegnungen, das ist Fahrtensegeln. Nur das Wetter hätte konstanter sein können. Es war abwechslungsreich.

15.08 Uhr, der IC nach Hamburg wartet. Umsteigen in Hamburg nach Hannover. Urlaubs- und Saisonende! Freuen wir uns gemeinsam auf das nächste Jahr.

Sonnige Grüße von Bord

HJR

Hinweis

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